FAQs zu Absage einer Veranstaltung: Werden Ticketpreis und Hotelkosten erstattet?

In NRW sind aktuell Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen untersagt. Damit stellt sich für die Veranstalter und die Gäste die Frage der Erstattung von Eintrittsgeldern und etwaiger weiterer Aufwendungen (Hotel-/Fahrtkosten).
1. Darf ein Besucher seine Eintrittskarte aus Sorge vor Ansteckung zurückgeben?
Nimmt der Besucher die Veranstaltung – aus individuellen Gründen - nicht wahr, kann er den Ticketpreis nicht zurückverlangen. Das gilt unabhängig davon, ob er aus Angst vor der Ansteckungsgefahr handelt, oder ob er selbst unter Quarantäne steht.
Dem Veranstalter steht es frei, dem Kunden entgegenzukommen und bspw. Gutscheine oder, soweit möglich, einen späteren Temin anzubieten.
2. Vorsorgliche Absage durch Veranstalter
In diesem Fall sind die Ticketpreise zu erstatten. Ob sich der Veranstalter hierbei darüber hinaus schadenersatzpflichtig macht oder zum Aufwendungsersatz verpflichtet ist (z.B. Fahrt-/Hotelkosten), hängt davon ab, ob ihn ein Verschulden an der Absage trifft.
a) Höhere Gewalt
In Fällen „höherer Gewalt“ trifft den Veranstalter kein Verschulden. Höhere Gewalt wird nach der Rechtsprechung angenommen bei „betriebsfremden, von außen herbeigeführten Ereignissen, die unvorhersehbar und ungewöhnlich sind, und die mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartenden Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden können.“ Hierbei handelt es sich z.B. um Ereignisse, wie Naturkatastrophen, Streiks, terroristische Angriffe und Epidemien oder Seuchen (SARS-Virus, Cholera).
Derjenige, der sich auf „höhere Gewalt“ beruft (i.d.R. der Veranstalter), muss deren Vorliegen darlegen und beweisen können. Wenn es offizielle Erklärungen seitens der Gesundheitsbehörde oder Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes gibt, wie aktuell, dann dürfte das gelingen.
b) Absage zum Schutz der Besucher
Den Veranstalter trifft ebenso kein Verschulden, wenn die Absage auch dem Schutz der Besucher gilt. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn Mitarbeiter oder Gäste, die sich längere Zeit in der Spielstätte aufgehalten haben, positiv auf Corona getestet wurden.
c) AGB’s & Bedingungen der Veranstalter
Weitere Regelungen hierzu können sich aus den Veranstalter-, Reisebedingungen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben. Je nach dem, ob Regelungen vorhanden sind und ob sie wirksam sind, mag sich im Einzelfall eine andere/weitergehende Rechtslage ergeben.
3. Absage durch behördliche Verfügung
Wird die Veranstaltung von einer Behörde abgesagt, sind die vereinnahmten Ticketeinnahmen oder Standgebühren (bei Messen) zu erstatten. Aufgrund der mit der Absage einhergehenden Unmöglichkeit, muss auch der Besucher seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachgehen. Mit der Absage entsteht ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Rücktritt und Rückzahlung des Kartenpreises wegen Unmöglichkeit.
Erbringt ein Vertragspartner seine Vertragspflichten nicht, wird sein Verschulden vermutet. D.h., der Veranstalter muss darlegen und ggfls. beweisen, dass er den Ausfall nicht verschuldet hat. Andernfalls drohen Schadenersatz und Ansprüche auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen
Dies wird im Falle einer offiziellen Absage gelingen. Da er die behördliche Entscheidung nicht zu vertreten hat, kann er nicht gemäß §§ 275 Abs. 4, 280 Abs. 1, 281 BGB auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
4. Mitarbeiter des Veranstalters sind an Corona erkrankt
Die Ticketeinnahmen sind zu erstatten.
Ob darüber hinaus auch eine Schadenersatzpflicht besteht, ist wie zuvor zu prüfen. Gegen ein Verschulden dürfte sprechen, wenn die gesamte Belegschaft an Corona erkrankt oder sie kurz vor oder während der Veranstaltung unter Quarantäne gestellt wird. Wenn der Veranstalter aber schuldhaft gegen die vom Robert Koch Institut veröffentlichten Empfehlungen verstoßen hat, da z.B. infizierte Personen mit seiner Kenntnis weiter im Betrieb gearbeitet haben, würde dies wohl zu einem Verschulden des Veranstalters führen.
5. Empfehlungen
Da eine offizielle Absage für den Veranstalter günstiger ist, sollte er– soweit möglich – darum ersuchen. Ist dies nicht möglich, sollten sie sich die Risiken darlegen lassen und auf dieser Grundlage sogfältig prüfen, ob die Gründe für eine Absage das Risiko einer möglichen Schadenersatzpflicht überwiegen.
Dirk Torsten Keller, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht